Wermelskirchen - Von Rollen, Fachwerk und Schoko-Sahne
Wermelskirchen gehört zu den größten Kommunen im Bergischen Land.
Sie nennen es gerne den Speckgürtel, weil die Wege nach Düsseldorf, Köln und Wuppertal so kurz sind. Aber die Wermelskirchener denken eher an Schokosahne, an Waffeln und Baumkuchen als an Speck. Sie denken an das kleine, berühmt gewordene Café in dem uralten, stolzen Gebäude am Markt, für das die Menschen viele Kilometer weit fahren. Familie Wild schreibt hier Wermelskirchener Geschichte und reiht die eigenen Abdrücke in eine tiefe Spur von Fußabdrücken anderer. Denn wer die kleine rheinisch-bergische Stadt, die im Bergischen Land mit rund 35.000 Einwohnern nach Remscheid, Solingen und Wuppertal zu den größeren Kommunen gehört, verstehen will, der landet in spannenden Kapiteln der Geschichte.
Die erzählt von einem Grafen im benachbarten Schloß Burg, der auch in Wermelskirchen das Sagen hatte. Und sie erzählt von dem Apotheker, der 1834 in Wermelskirchen die erste Fabrik zur Herstellung von künstlichen Ultramarinblau gründete: Karl Leverkus legte später die ersten Steine für ein riesiges Imperium am Rhein in einer Stadt, die heute seinen Namen trägt. Und es ist die Geschichte eins Pastors, der knapp 30 Jahre in für die evangelische Kirchengemeinde arbeitete und den Wermelskirchenern seinen Namen hinterließ: Dellmann. Bürger mit Traditionsbewusstsein nennen sich heute noch manchmal liebevoll „Dellmänner“. Es ist auch die Geschichte einiger Großfamilien, die in Wermelskirchen das Schuhhandwerk verwurzelten, von blühenden Fabriken und Arbeitsplätzen.
Heute denken nur die Geschichtsbewussten noch an die Schuhe, die in alle Welt verschifft wurden. Denn die Rollen haben das Schuhwerk abgelöst: Sie werden in Wermelskirchen millionenfach hergestellt, um ihren Weg an Einkaufswagen und Krankenbetten zu finden. Wer seine kleine bergische Heimatstadt verlässt, der erwischt sich zuweilen dabei, wie er in Obi-Märkten dieser Welt liebevoll über das Etikett streicht: Denn es gibt kein Obi-Werkzeug, kein Produkt aus dem Hause Lux, das nicht Auskunft über seine Herkunft gibt: 42929 Wermelskirchen.
Neue Baugebiete und Fachwerk, die uralte Herbstkirmes und Musik im Bahndamm, Handball und eigens gebrautes Bier: Sie treffen in Wermelskirchen aufeinander und hinterlassen neue Spuren. Die erzählen auch von langen Kabarettabenden in der Katt, von stimmungsvollen Blues-Sessions im Haus Eifgen, von umjubelten Theaterabenden mit dem Kulturverein und einem Kino mit besonderem Charme. Längst gehören die Dörfer Dabringhausen und Dhünn zur immer größer werdenden Kommune und salzen das Vereinsleben mit eigenen Akzenten.
Seit 2005 umfährt der Durchgangsverkehr die Stadt auf der Umgehungsstraße. Und wer genau hinsieht, entdeckt an deren Ende gut gelaunte Radfahrer: Auf der alten Bahntrasse, die 1983 still gelegt wurde, haben die benachbarten Kommunen gemeinsam mit den Wermelskirchenern einen Radweg installiert. Die Balkantrasse führt mitten durch die Stadt, vorbei an zwei Kirchtürmen und zwei Eisdielen, am Einzelhändlern, Praxen und Redaktionen und verleiht damit auch dem Tourismus in der Stadt einen neuen Akzent. Und nicht selten machen die Radler Halt auf eines der berühmten Tortenstücke.
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