Durch die Digitalisierung und neue Richtlinien, aber auch, um den gesellschaftlichen Veränderungen gerecht zu werden, entstehen neue Berufsbilder. Bekannte Ausbildungen wiederum passen sich an.

Von Theresa Demski

Beim ersten Schritt in die Küche am frühen Morgen liegt schon der Geruch von frischem Kaffee in der Luft. Bei der Rückkehr aus dem Urlaub hat die
Heizung schon für ein warmes Wohnzimmer gesorgt. Und mit einem Blick aufs Handy lässt sich im Supermarkt schnell klären, welche Vorräte der Kühlschrank noch hergibt.
Die Technik macht vieles möglich: Mit dem Handy oder Tablet lassen sich die eigenen vier Wände organisieren. „Smartes Wohnen“ ist in der Realität angekommen – und damit auch neue Aufgaben für das Handwerk. Die Verantwortlichen in der Branche und im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) reagieren darauf und haben einen neuen Ausbildungsberuf geschaffen: den Elektroniker für Gebäudesystemintegration. „Neuordnungen von Ausbildungsberufen den Anforderungen der Arbeitswelt“, sagt Monika Hackel, Leiterin der Abteilung „Struktur und Ordnung der Berufsbildung“ im Bundesinstitut für Berufsbildung. Das Ergebnis sind neue und modernisierte Aus- und Fortbildungsberufe, die den aktuellen Anforderungen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entsprechen. Sie sollen auch die Wettbewerbsfähigkeit der dualen Ausbildung in Deutschland sichern. Aktuell sei die Digitalisierung ein starker Treiber, sagt Hackel. Neben dem Elektroniker für Gebäudesystemintegration ist so in den vergangenen Jahren auch der Beruf der Kaufleute für E-Commerce entstanden. Entsprechende Fachkräfte arbeiten vor allem im Bereich Onlinehandel.
„Aber auch europäische Normen oder gesellschaftliche Veränderungen können der Anlass für Neuordnungen von Ausbildungsberufen sein“, sagt Monika Hackel. So stehe etwa bei der aktuell laufenden Neuordnung in der Binnenschifffahrt die Integration europäischer Regelungen im Mittelpunkt. Auch ein anderes Berufsbild scheint sich mit Blick auf neue gesetzliche Regelungen zu ändern: Unlängst hat das BIBB eine Voruntersuchung durchgeführt, um den Bedarf nach einem neuen Beruf im Bereich der Medizinprodukteaufbereitung durch die gestiegenen Hygienevorschriften und die damit verbundene Zentralisierung der Aufgaben in einer wachsenden neuen Branche herauszuarbeiten.
„Es gibt eine Vielzahl von Berufen, die kürzlich neu geordnet worden sind oder sich in Neuordnung befinden“, sagt Monika Hackel. Dazu gehört etwa auch das überarbeitete Berufsbild der Bankkaufleute – die Ausbildung fällt nun digitaler, kunden- und praxisorientierter aus. Oder die IT-Berufe, die eben unter dem Einfluss der zunehmenden Digitalisierung angepasst wurden. „Im vergangenen Jahr gingen die handwerklichen Elektroberufe, aber auch der Traditionsberuf des Brauers und Mälzers neu überarbeitet an den Start“, berichtet Monika Hackel. Eine Grundsanierung habe zudem der Beruf des Fahrzeuginnenausstatters erfahren: Er nennt sich nun Fahrzeuginterieur-Mechaniker.
Meist kommt die Reform eines Ausbildungsberufs schnell im Alltag der Betriebe an. „Sobald die Neuordnung rechtlich in Kraft getreten ist, dürfen auf der Grundlage der Vorgängerregelung keine neuen Ausbildungsverträge mehr abgeschlossen werden“, erklärt Monika Hackel. Gleichzeitig trete auch ein neuer Rahmenlehrplan für die Berufsschule in Kraft. Stichtag ist hier immer der 1. August eines Jahres.
Spitzenverbände, Gewerkschaften, der Bund und die Länder arbeiten Hand in Hand, um den neuen Ausbildungsberuf zu implementieren. Ausbildungsverträge, die schon bei der Kammer vorliegen, müssen entsprechend umgeschrieben werden. Die Informationen über die Neuerungen werden schließlich in die Öffentlichkeit getragen – durch Presse, Onlineangebote, Infoveranstaltungen und Broschüren der BIBB-Reihe „Ausbildung gestalten“. Die Betriebe erhalten Hintergrundinformationen zu den neu geforderten Aspekten der Ausbildung, um entsprechend vorbereitet zu sein. „Durch die betrieblich angebotenen Ausbildungsplätze kommen die Neuerungen dann sehr rasch auch bei den Jugendlichen an“, sagt Hackel. Häufig sei bei neuen Berufen das erste Ausbildungsjahr noch etwas weniger stark besetzt. Aber: „Spätestens im zweiten Jahr nach Inkrafttreten zeigt sich, wie hoch der Bedarf in der Praxis tatsächlich ist.“