Schlechte Noten? Womit man stattdessen überzeugt

Schlechte Noten? Womit man stattdessen überzeugt

Wer sich mit einem eher schlechten Zeugnis um einen Ausbildungsplatz bewirbt, sollte den persönlichen Kontakt suchen. Denn in Zeiten des Fachkräftemangels wird bei engagierten jungen Menschen schon mal eher ein Auge zugedrückt, wenn die Noten nicht stimmen.

Von Isabelle De Bortoli

Eine Vier in Mathe, womöglich in einem anderen Fach noch eine Fünf – bei der Bewerbung um eine Lehrstelle sind schlechte Noten ein Grund, warum Betriebe Bewerbungen sofort aussortieren und die jungen Bewerber gar nicht erst zum Gespräch einladen. Doch aufgrund des Fachkräftemangels und der steigenden Zahl an Studierenden heißt es heutzutage: Auch mit schlechten Noten hat man Chancen! „Man kann schon sagen, dass die Betriebe durchaus bereit sind, Abstriche bei den Zeugnissen hinzunehmen, wenn der Azubi dafür andere Qualitäten mitbringt“, sagt Thomas Pohl, Berater für Passgenaue Besetzung bei der Handwerkskammer Düsseldorf.

Er rät Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit nicht ganz so guten Zeugnissen Folgendes: „Meine Bewerbung muss besser sein als andere. Das heißt: Ich muss mir besonders viel Mühe geben. Mit einem Anschreiben, aus dem hervorgeht, warum ich mich für genau diese Ausbildung bei genau diesem Betrieb interessiere“, so Pohl. „Wer hier 08/15-Bewerbungen aus dem Internet kopiert, hat keine Chance.“ Auch die eigene Motivation für die Lehre zu beschreiben, sei entscheidend. „Nicht zuletzt ist ein gut gemachtes Foto wichtig – das muss sogar nicht unbedingt ein professionelles Bewerbungsfoto sein. Vielleicht habe ich ein gutes Foto aus einem Praktikum, das mich in Arbeitskleidung oder in einem entsprechenden Arbeitsumfeld zeigt. Das ginge auch.“

AUSSERSCHULISCHE AKTIVITÄTEN

Mehr noch als mit guten Noten kann man mit freiwilligem oder sozialem Engagement punkten. Wer etwa in einer Sportmannschaft spielt oder bei der Jugendfeuerwehr ist, beweist Teamgeist – entscheidend für die Arbeit im Betrieb.

Wer ein Praktikum gemacht hat, sollte sich dazu ein kleines Zeugnis besorgen. „Es zeigt, dass ich schon Erfahrungen in der Arbeitswelt gesammelt habe, und dass ich praktisch vielleicht besonders gut bin, auch wenn es mit der Theorie in der Schule nicht ganz so geklappt hat“, sagt Thomas Pohl. Im Anschreiben für die Bewerbung könne man auch anbieten, einen Probetag zu absolvieren oder ein Praktikum. „Auch das überzeugt den Betrieb von meinen ernsthaften Absichten. Ich kann beispielsweise auch schreiben:

Machen Sie sich ein Bild von mir, ich würde gerne vorbeikommen und freue mich auf ein persönliches Gespräch‘ – das wirkt sehr offen.“ Den Betrieben sei zudem auch oft klar, dass schlechte Schulnoten nicht immer bedeuten würden, dass man den Ausbildungsstoff nicht verstehe. „Aber: Mathe zum Beispiel ist in fast jeder Ausbildung wichtig. Und natürlich müssen die Lehrlinge auch in der Berufsschule zurechtkommen, sonst nützt jede praktische Begabung nichts“, sagt Pohl.

IM VORSTELLUNGSGESPRÄCH PUNKTEN

Ist die erste Hürde, die schriftliche Bewerbung, geschafft, sollten Bewerber im persönlichen Gespräch möglichst offen sein und Lücken im Lebenslauf ebenso begründen können wie ein nicht ganz so gutes Zeugnis. „Das Allerwichtigste ist aber: Pünktlichkeit!“, betont der Experte der Handwerkskammer. „Wer zum Bewerbungsgespräch zu spät kommt, ist raus.“ Pünktliches Erscheinen zeuge von Zuverlässigkeit.

Wichtig sei auch, im Bewerbungsgespräch zu vermitteln, dass man die Ausbildung motiviert angehen und sich im Job und in der Berufsschule anstrengen will. Wer aufgrund eines schlechten Zeugnisses die Bewerbung nicht selbst in die Hand nehmen will, findet für alle handwerklichen Lehrstellen Hilfe und Unterstützung bei der Handwerkskammer Düsseldorf. „Unter dem Motto ,Passgenaue Besetzung’ agieren wir wie eine Art outgesourcte Personalabteilung für Betriebe. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen übernehmen wir die Stellenbesetzung für Ausbildungsplätze. Heißt also: Wir laden die jungen Leute zu uns ein und schauen uns auch deren Bewerbungen an. So kann man dann auch direkt über etwaige schlechte Zeugnisse sprechen und den Betrieben dennoch Bewerber empfehlen, die hoch motiviert sind“, erzählt Thomas Pohl.

Grundsätzlich könnten Bewerber damit rechnen, dass die Ausbildungsbetriebe ihnen wertschätzend begegnen. „Niemand muss Angst vor dem Bewerbungsgespräch haben –auch nicht mit einem nicht ganz so optimalen Zeugnis. Die Betriebe suchen dringend Nachwuchs und freuen sich über
interessierte junge Menschen.“

WEITERE NÜTZLICHE TIPPS

An Arbeitsagentur wenden Das Amt bietet Ausbildungssuchenden kostenlos diverse Hilfen an. Besonders
nützlich ist die sogenannte Einstiegsqualifizierung. Dabei handelt es sich um ein vergütetes sechs- bis zwölfmonatiges Praktikum, im Rahmen dessen man mit Leistung im Job überzeugen kann.
Speeddating nutzen Gibt es zum Beispiel bei Handwerkskammer oder IHK. Bei solchen Events treffen Schüler direkt auf mehrere Betriebe, bei denen sie sich persönlich vorstellen können. Im direkten Austausch kann man mehr überzeugen als mit schriftlichen Bewerbungen.
Passgenaue Besetzung Mehr zur Passgenauen Besetzung der Handwerkskammer Düsseldorf, bei der angehende Azubis mit Betrieben zu einem passenden
„Match“ verbunden werden, findet man unter www.hwk-duesseldorf.de.